Am 19. November 1946 um 14:25 Uhr strandet ein amerikanisches Militärflugzeug vom Typ DC-3 Dakota auf dem 3350 m ü M. gelegenen Gauligletscher im Berner Oberland. Am 24. November bergen die Schweizer Militärpiloten Victor Hug und Pista Hitz die Besatzung und die Passagiere in einer spektakulären Rettungsaktion. Mit zwei Militärflugzeugen des Typs Fieseler Storch landen sie auf dem Gletscher und bergen die Notleidenden in enger Zusammenarbeit mit Bergrettern. Dieser improvisierte Einsatz markiert den eigentlichen Beginn der Luftrettung in der Schweiz.

Heute wird die Luftrettung hierzulande mehrheitlich von der 1952 gegründeten Schweizerischen Rettungsflugwacht (Rega) betrieben. Die Abkürzung «Rega» ist ein Akronym aus den Wörtern «Rettungsflugwacht» und «Garde aérienne». Letzteres kommt von der französischen Bezeichnung für Rega: «Garde Aérienne Suisse de Sauvetage». In der Schweiz kann die Hilfe der Rega-Bergretter über die Alarmnummer 1414, über Funk oder die Rega-App angefordert werden.

Bergretter der Rega im Einsatz
Die Rega ist die grösste Luftrettungsorganisation der Schweiz.

Die Rega betreibt in der Schweiz 14 Helikopter-Basen mit insgesamt 20 Helikoptern. Seit August 2019 verfügt sie zudem über eine Trainingsbasis in Grenchen. Das Netz der Standorte ist so ausgelegt, dass jeder Ort im Einsatzgebiet innerhalb von 15 Flugminuten erreicht werden kann. Die drei Ambulanzjets der Rega sind im Rega-Center, dem Hauptsitz am Flughafen Zürich, stationiert und starten von dort zu Einsätzen in die ganze Welt.

Helikopterbasen der Rega in der Schweiz
Die Standorte der Rega-Basen.
  • Rega 1 – Basis Zürich
  • Rega 2 – Basis Basel
  • Rega 3 – Basis Bern
  • Rega 4 – Basis Lausanne
  • Rega 5 – Basis Untervaz
  • Rega 6 – Basis Locarno
  • Rega 7 – Basis St.Gallen
  • Rega 8 – Basis Erstfeld
  • Rega 9 – Basis Samedan
  • Rega 10 – Basis Wilderswil
  • Rega 12 – Basis Mollis
  • Rega 14 – Basis Zweisimmen
  • Rega 15 – Basis Genf
  • Rega 18 – Basis Sion

Funfact: Die Rega-Basis in St.Gallen liegt nur rund 3,3 Kilometer Luflinie von meinem Wohnort entfernt. Die Basis hat 2019 einen neuen (wesentlich leiseren) Helikopter vom Typ Airbus H145 erhalten. Seit dieser Zeit ist die Maschine jeweils kaum noch zu hören, wenn sie über unser Haus fliegt.

Rega ist bei der Bevölkerung sehr beliebt

Die Rega ist eine gemeinnützige private Stiftung. Fast die Hälfte der Schweizer Bevölkerung ist Rega-Gönner. Kein Wunder, denn die Gönnerbeiträge betragen pro Person gerade mal 40 Franken pro Jahr, für Kinder unter 18 Jahren ist die Gönnerschaft kostenlos. Rega-Gönnern werden die Kosten für einen Inland-Rettungseinsatz in der Regel erlassen. Zudem holt die Rega ihre Gönner bei medizinischen Notfällen auch aus dem Ausland zurück in die Schweiz. Pro Jahr hilft die Rega mehr als 14’000 Menschen in Not.

Rega-Sucheinsatz 2018 im Alpstein.

Der «Spezialfall Wallis»

«Die Luftrettung in der Schweiz wird von der Rega gemacht. In der ganzen Schweiz? Nein! Ein von unbeugsamen Menschen bewohnter Kanton hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.»

Dieses leicht abgeänderte Zitat aus den Asterix-Büchern beschreibt die Situation im Wallis ziemlich gut. Dort ist nämlich nicht die Rega federführend bei der Luftrettung, sondern die Bergretter der Air Zermatt und der Air-Glaciers. Die Air Zermatt betreut das Oberwallis (allgemeine Notrufnummer 144) und die Air-Glaciers das Unterwallis (Notrufnummer 1415).

Helikopter der Air Zermatt vor dem Matterhorn, Bergretter
Ein Heli der Air Zermatt in der Walliser Bergwelt.

Im Gegensatz zur Rega, die als Stiftung von ihren fast vier Millionen Gönnerinnen und Gönnern getragen wird, sind die Walliser Heli-Firmen kommerzielle Unternehmen, die sich mit Transport- und Touristenflügen finanzieren. Deshalb wehrt man sich im Wallis auch vehement dagegen, dass sich die Rega dort ausbreiten kann. «Sie wollen sich in ein Gebiet ausdehnen, in dem die Bergrettung entstanden ist und das am dichtesten mit Helikoptern abgedeckt ist», sagte Philipp Perren, Verwaltungsratspräsident von Air Zermatt und Air-Glaciers im vergangenen Jahr in der «Rundschau». Perrens Kritiker sehen allerdings vor allem finanzielle Gründe für seine ablehnende Haltung gegenüber der Rega.

Zwar steht seit Ende 2021 ein Rega-Heli in Sion, er fliegt von dort aus aber keine Einsätze im Wallis, sondern nur im Berner Oberland und im Kanton Waadt. (Mehr zu diesem Thema erfährst du hier.)

Perren wird erneut Geldgier vorgeworfen

Zuletzt sorgte Perren für Negativschlagzeilen, nachdem er in einem Brief kritisierte, dass beim grossen Waldbrand in Bitsch neben den zivilen Helikoptern auch Super Pumas der Armee zum Einsatz kamen. Die Air Zermatt hätte die Situation allein im Griff gehabt, die Armee sei nur zum Einsatz gekommen, um Kosten zu sparen, polterte Perren – während der Wald noch immer brannte.

Der «Walliser Bote» berichtete zuerst darüber, später auch weitere Medien. In den Kommentarspalten war die Empörung gross und Perren wurde einmal mehr Geldgier vorgeworfen.  

Air Zermatt geniesst dennoch guten Ruf

Trotz ihres eigenwilligen VR-Präsidenten leistet die Air Zermatt sehr gute Arbeit und geniesst sogar weltweit den Ruf, die schwierigsten Bergrettungen zu leisten. Gegründet wurde sie 1968 mit einem Helikopter, einem Piloten und einem Mechaniker. Aktuell beschäftigt die Air Zermatt rund 75 festangestellte Mitarbeiter und verfügt über eine Flotte von elf Helikoptern. 2022 flog die Air Zermatt über 2100 Einsätze. Neben Rettungsflügen führt sie auch Transport- und Touristenflüge durch. Letzteres führt immer wieder zu Kritik von Gegnern des alpinen Heli-Tourismus.

Gemeinsam mit der Rettungsstation Zermatt hat die Air Zermatt im April 2011 im Himalaya eine Rettungsstation aufgebaut und bildet dort nepalesische Bergretter aus. Mehr zum Hilfsprojekt «Earth C-Air» erfährst du hier. Seit 2020 besteht zudem eine Unternehmenspartnerschaft mit der Air-Glaciers in Sion.

Air-Glaciers: Gegründet nach Bergunfall

Ins Leben gerufen wurde die Air-Glaciers SA 1965, nachdem sich zwei Jahre zuvor ein Bergführeraspirant während eines Kurses in der Trientgletscher-Region verletzt hatte und gerettet werden musste. Wegen starken Winden konnte der Helikopter nicht an der Unglückstelle auf rund 3100 Meter landen und der Patient musste mit einem Schlitten an eine besser geeignete Stelle unter dem Comb d’Orny (2826 m) gebracht werden.

Geflogen wurde der Helikopter damals vom bekannten Bergrettungspionier Herman Geiger. Zusammen mit dem späteren Air-Glaciers-Gründer Bruno Bagnoud, der ebenfalls am Kurs teilgenommen hatte, philosophierte er lange darüber, warum es nicht möglich gewesen sei, den Patienten mit dem Helikopter in dieser Höhe zu bergen, da kurz zuvor eine Rettung am Mont Blanc, welcher 1000 m höher liegt, gelang.

Ein Helikopter der Bergretter der Air-Glaciers vor einer schneebedeckten Berglandschaft, Bergretter
Ein 12 Airbus Helicopter H125 / AS350 von Air-Glaciers.

Die Antwort war ganz einfach. Die Bergretter am Mont Blanc setzten einen Turbinenhelikopter des Typs Alouette III ein, Geiger flog seine Mission aber mit einem Helikopter, der nur mit einem Kolbenmotor bestückt war. Kurz darauf wurde die Finanzierung (1.5 Mio) zum Kauf der ersten Alouette III sichergestellt und zwei Jahre später, am 1. August 1965, fand die Gründung der Air-Glaciers statt. Ein Jahr später starb Herman Geiger bei einem Flugzeugabsturz in der Region Sion nach einem Zusammenstosse mit einem Segelflugzeug.  

Luftrettung, Transport- und Taxiflüge

Die Air-Glaciers operiert heute mit 16 Helikoptern an sechs verschieden Basen in der Schweiz und beschäftigt rund 160 Mitarbeiter. Die Basen stehen in den Kantonen Wallis (Collombey & Gampel), Waadt (Leysin) und Bern (Lauterbrunnen & Gstaad Saanenland). Die Air-Glaciers bietet neben der Luftrettung Flüge jeglicher Art an, wie z.B. Materialtransporte, Heliskiing, Rundflüge, Fallschirmspringen, usw. Mit dem Maison du Sauvetage François Xavier Bagnoud verfügt die Air-Glaciers über eine Basis für ihre Rettungseinsätze, die auch als Trainingszentrum für Aus- und Weiterbildungen genutzt wird. 2022 musste die Air-Glaciers zu 2177 Einsätzen ausrücken.

AAA: Der Neuling in der Schweizer Luftrettung

Seit 2011 mischt ein weiterer Player in der Schweizer Luftrettung mit. Seit dieser Zeit betreibt im Kanton Aargau die AAA Alpine Air Ambulance AG einen Intensivtransporthubschrauber (ITH) auf den Flugplatz Birrfeld.

Ein Rettungshelikopter der AAA
Die AAA-Helis unterscheiden sich v.a. farblich von der Konkurrenz.

Die Alpine Air Ambulance wurde als Gemeinschaftsunternehmen des Touring Club Schweiz und der Lions Air Group AG gegründet. Im April 2013 wurde der Betrieb zum primären Luftrettungsdienst als Rettungshubschrauber genehmigt und umgestellt. Im Dezember 2015 ist der Touring Club als Aktionär aus der AAA Alpine Air Ambulance AG ausgestiegen.

Seit Dezember 2018 betreibt die AP3 Luftrettung einen Rettungshubschrauber am Heliport Balzers in Liechtenstein im 24h-Betrieb. Die AP3 ist eine Kooperation zwischen der deutschen DRF Luftrettung, der österreichischen ARA Flugrettung und der AAA Alpine Air Ambulance AG. Der Hubschrauber wird neben der Primärrettung sowie Verlegungstransporten zeitweise auch für Organtransporte in der Schweiz eingesetzt. Der Flugbetrieb wird von der AAA Alpine Air Ambulance AG ausgeführt.

Text- und Bildquellen: Rega, Air Zermatt, Air-Glaciers, Wikipedia, SRF, Blick, 20 Minuten, PD


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