Aktualisiert: 03.08.22 | Der Alpstein ist ein beliebtes Ausflugsziel. Kein Wunder, bietet das lediglich 28 Kilometer lange und im Mittel 10 Kilometer breite Alpsteinmassiv vor allem im Sommer doch sehr viel für seine Grösse: dazu gehören neben Wander- und Bergwanderwegen auch Alpinrouten und diverse Klettergebiete. Spätestens seit Corona und dem damit verbundenen Berg- und Outdoor-Hype, tummeln sich auch im Alpstein viele Menschen, die (sichtbar) wenig Bergerfahrung haben und die Gefahren oftmals unterschätzen.

Besonders beliebt bei Tagesausflüglern, Touristen und unerfahrenen Berggängern sind die Ebenalp und das Gebiet um den Seealpsee. Die Gründe dafür sind einfach: Erstens kommt man mit der Bahn von Wasserauen bequem hoch zur Ebenalp auf 1640 m, und zweitens befindet sich gleich unterhalb der Ebenalp das (unterdessen weltweit) bekannte Bergrestaurant Aescher. Der Weg von der Ebenalp zum Aescher ist relativ einfach zu begehen und gut gesichert.

DAs Berggasthaus Aescher im Alpstein
Im Aescher herrscht oft ziemlicher Andrang

Und auch das kleine Fahrsträsschen von Wasserauen hinauf zum Seelapsee auf 1142 m ist einfach zu begehen. Etwas Kondition ist allerdings Voraussetzung, es ist nämlich sehr steil – wie auch sonst der ganze Rest der Alpsteinmassivs. Und genau diese steile Topografie birgt Gefahren, derer sich viele Menschen auf den meist gut gesicherten Wegen offenbar nicht oder zu wenig bewusst sind.

Vorsicht auf vermeintlich leichten Wegen

So kommt es beispielsweise auf dem Bergwanderweg zwischen dem Aescher und dem Seealpsee bzw. der Altenalp immer wieder zu tödlichen Unfällen. Am 1. August 2022 stürzten eine Frau und ihr 5-jährges Kind im steilen Gelände zwischen dem Aescher und der Altenalp ab und verletzten sich tödlich.

Mitte Juli ereigneten sich zwischen dem Aescher und dem Seealpsee sogar gleich zwei tödliche Unfälle innerhalb einer Stunde. Vor rund einem Jahr kam es auf demselben Weg zu einer ähnlichen Tragödie, damals waren es zwei tödliche Unfälle innerhalb einer Woche. Der weiss-rot-weiss markierte Bergwanderweg ist zwar breit genug und ausserordentlich gut gesichert, aber er führt durch steiles alpines Gebiet. Ein Fehltritt oder Stolperer und man stürzt bis zu 100 Meter in die Tiefe. Dazu kommt, dass der Grossteil des Weges durch Wald führt, was vor allem bei Nässe gefährlich sein kann.

Der beliebte Wanderweg vom Aescher zum Seealpsee

Für geübte Berggänger ist der Weg vom Aescher über Kobel zum Seealpsee problemlos machbar. Aber er wird leider auch immer wieder von Menschen begangen, die zuvor mit der Bahn (und in Turnschuhen) auf die Ebenalp gefahren und eigentlich eher für eine Shoppingtour in der Stadt ausgerüstet sind. Wieso man sowas macht, ist mir schleierhaft. Man springt ja als Nichtschwimmer im ersten Badeurlaub auch nicht gleich ins offene Meer.

Touren den Fähigkeiten anpassen

Wer in alpinem Gebiet unterwegs ist, und dazu gehört auch der Alpstein, setzt sich immer gewissen Risiken aus. Um diese zu minimieren und um böse Überraschungen auf einer Tour zu vermeiden, sollte man sich im Vorfeld deshalb nicht nur über den Schwierigkeitsgrad des Weges informieren, sondern auch realistisch beurteilen können, wie es um die eigene Fähigkeiten (Ausdauer, Trittsicherheit, Schwindelfreiheit u.a.) bestellt ist – vor allem, wenn die Tour auf den höchsten Gipfel des Alpsteins, den Säntis gehen soll und die Luft etwas dünner wird, als man sich gewohnt ist.

Ist man gut vorbereitet und hat eine Route gewählt, die zu den eigenen körperlichen Fähigkeiten passt, ist der Alpstein nicht gefährlicher, als vergleichbare Regionen in den Schweizer Alpen.

Blick von der Ageteplatte auf den Säntis

Auf einer Tour umzukehren, weil man merkt, dass man überfordert oder ausgelaugt ist, ist übrigens kein Zeichen von Schwäche. Im Gegenteil: Sofern das möglich ist, ist das das Vernünftigste, was man in seiner solchen Situation machen kann.

Und last, but not least sollte man wissen, wo man die nötigen Infos über eine Tour findet, damit man beurteilen kann, ob man ihr gewachsen ist. Es gibt unterdessen unzählige Blogs und Webseiten, auf denen man seriöse Informationen über Touren und allgemeine Gefahren und Risiken in den Bergen einholen kann.

Immer prüfen, wer Tourentipps verfasst hat

Eine in diesem Frühling lancierte Bergwelt-Umfrage zeigt, dass der Grossteil der 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer (27%) vor allem auf Outdoor-Webseiten und -Blogs nach Tourentipps und -infos sucht, gefolgt von Alpenvereinswebseiten (23%) und Webseiten von Tourismusbüros und Berghütten (je 17%). Die grosse Mehrheit von ihnen gab auch an, dass sie regelmässig in den Bergen unterwegs ist und über entsprechende Erfahrung verfügt. Folglich wissen sie auch, dass man sich nie nur auf einen Tourenbericht verlassen sollte, und sich, wenn möglich, auch immer über den Verfasser oder die Verfasserin eines solchen Berichts informieren sollte.

Letzteres ist auf Tourenportalen, wo in der Regel viele unterschiedliche Menschen Beiträge (ungeprüft) verfassen, oft nicht so leicht möglich. In persönlichen Blogs, wie beispielsweise Bergwelt, lassen sich solche Angaben hingegen meistens einfach finden.

Reagieren oder ignorieren?
Was macht ihr, wenn ihr in den Bergen offensichtlich überforderten und/oder schlecht ausgerüsteten Wanderern begegnet? Sprecht ihr sie darauf an oder ignoriert ihr sie? Schreibt eure Erfahrungen und Meinungen in die Kommentarspalte.


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