Seit Anfang Jahr gelten in Italien im Wintersport verschärfte Sicherheitsbestimmungen. Neu ist in den Skigebieten beispielsweise eine Haftpflichtversicherung obligatorisch. Braucht es auch in der Schweiz schärfere Regeln?

Wer auf italienischen Skipisten unterwegs ist, muss seit Angang 2022 einen Nachweis über eine Haftpflichtversicherung mitführen. Wer keine hat, kann neu vor Ort eine abschliessen. Die Skigebiete wurden verpflichtet, solche Versicherungen anzubieten. Neu ist ebenfalls:

  • LVS-Gerät, Schaufel und Sonde sind auf Ski- und Pistentouren, Schneeschuh- oder Winterwanderungen in Gebieten mit Lawinengefahr zwingend mitzuführen
  • auf Ski, Snowboard und Schlitten muss bis 18 Jahre ein Helm getragen werden
  • alkoholisierte Wintersportler werden ab 0,5 Promille gebüsst, ab 0,8 Promille strafrechtlich verfolgt

Liest man die Meldungen über Wintersport-Unfälle der vergangenen Tage und Wochen, könnte man zum Schluss kommen, dass es auch in der Schweiz schärfere Regeln braucht.

Wintersport-Regeln in der Schweiz

Pro Jahr verunfallen in der Schweiz durchschnittlich 20 Personen auf Skitouren tödlich. Hauptgrund sind Lawinen. Dennoch ist das Mitführen von LVS, Schaufel und Sonde hierzulande nicht gesetzlich vorgeschrieben. Verantwortungsvolle Skitourengeher werden diese Geräte aber auch ohne entsprechende Vorschriften immer mit dabei haben. Wem das bislang schon egal war, wird seine Einstellung vermutlich auch nicht wegen schärferen Vorschriften ändern.

Auch eine Helmpflicht existiert in der Schweiz nicht. Und die scheint es offenbar auch nicht zu brauchen: Auf den Schweizer Skipisten ist heute nämlich kaum mehr jemand ohne Skihelm unterwegs. Europaweit gesehen ist die Helm-Tragequote in der Schweiz sogar am höchsten. Das liegt nicht zuletzt an der vorbildlichen Aufklärungsarbeit, die in den Skigebieten geleistet wird.

Mann zieht auf Piste Skihelm an
In der Schweiz tragen heute auf den Pisten fast alle einen Helm.

Wer dennoch keinen Helm trägt, verstösst zwar nicht gegen eine Vorschrift, es kann aber nach einem Unfall zu Problemen mit der Versicherung kommen. Oft erhalten die Betroffenen kein oder weniger Geld, weil die Versicherung das Skifahren ohne Helm als fahrlässiges Verhalten ansieht.

Ähnlich verhält es sich beim Alkoholkonsum auf der Piste. Eine Promillegrenze gibt es nicht, teuer werden kann es dennoch, sollte man betrunken einen Unfall verursachen. So drohen neben Geldstrafen sogar Gefängnisstrafen, Taggeldkürzungen oder man bleibt auf den Kosten sitzen, weil die Haftpflichtversicherung die Deckung des Schadens verweigert.

Rega-Team behandelt einen Patienten auf einer Skipiste
Patientenversorgung auf der Piste. (Bild: Rega)

Wer bezahlt die Rettung?

In der Schweiz werden Rettungskosten grundsätzlich dem Patienten weiterverrechnet. Meistens sind Rettungen, Bergungen und Suchaktionen in der Grundversicherung der Krankenversicherung gedeckt. Da aber gerade Suchaktionen oder aufwändige Rettungen im Gebirge sehr kostspielig sind, empfiehlt sich eine Gönnerschaft bei der Rega sowie eine Zusatzversicherung bei der Krankenkasse oder der privaten Unfallversicherung.

Spezialfall Schneeschuhgänger

Schneeschuhgänger geraten in der Schweiz gemäss Statistik wesentlich seltener in eine Lawine als Skifahrer oder Snowboarder. Das liegt vor allem daran, dass sie meist in einfacherem und daher weniger gefährlichem Gebiet unterwegs sind. Wenn Schneeschuhgänger dann aber doch einmal in eine Lawine geraten, ist die Todesrate bei ihnen fast dreimal höher als bei Ski- und Snowboardfahrern. Grund ist oftmals das fehlende LVS-Gerät. Das zeigt eine aufwendige Studie des WSL-Instituts für Schnee und Lawinenforschung (SLF).

Schneeschuhwanderer besteigt einen Berg im Winter
Schneeschuhgänger haben oft kein LVS dabei.

Fazit: Herr und Frau Schweizer scheinen sich grundsätzlich vernünftg zu verhalten auf und abseits der Pisten – Ausnahmen gibt es leider immer und überall. Deswegen gleich schärfere Regeln im Wintersport für alle einzuführen, halte ich für übertrieben. Zumal diese Regeln auch kontrolliert und durchgesetzt werden müssten, was wiederum bürokratischen Mehraufwand verursacht. Aus diesem Grund bevorzuge ich persönlich Aufklärungskampagnen. Dass diese etwas bringen, beweist die Helm-Tragequote in der Schweiz. Ich bin überzeugt, dass solche Kampagnen auch bei Schneeschuhwanderern greifen würden.

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