Zuletzt aktualisiert am 18. September 2025 |

Die Schweiz hat 2025 zwei neue Bergsteigerdörfer erhalten: Campo (Vallemaggia) und Lauenen werden Teil des internationalen Netzwerks. Damit zählen nun fünf Dorfeinheiten in drei Kantonen zu jenen Orten, die für sanften Tourismus, gepflegte Dorfkultur und einen verantwortungsvollen Umgang mit der alpinen Landschaft stehen. «Weniger, dafür besser» – dieser Leitsatz bringt das Selbstverständnis der Initiative auf den Punkt.

Bergsteigerdörfer sind kleine, charaktervolle Orte mit einem intakten Orts- und Landschaftsbild, die sich bewusst gegen touristische Massenangebote stellen. Sie verzichten auf grosse Wintersportanlagen, setzen auf naturnahe Bergerlebnisse und ein starkes Engagement der lokalen Bevölkerung. Getragen wird die Initiative in der Schweiz vom SAC, der damit seine Zielsetzung rund um nachhaltige Entwicklung und alpine Raumplanung unterstreicht.

«Die Initiative Bergsteigerdörfer passt perfekt zu unseren Werten», sagt SAC-Präsidentin Françoise Jaquet. «Wir freuen uns, Teil dieses Netzwerkes zu sein.»

Wer diese Dörfer besucht, darf keine pauschalen Erlebnisangebote oder luxuriösen Hotelanlagen erwarten – dafür echte Gastfreundschaft, einfache Unterkünfte, ehrliche Begegnungen mit Einheimischen und alpine Stille.

Bergsteigerdörfer: Eine Idee mit Tiefgang

Ins Leben gerufen wurde das Projekt 2008 durch den Österreichischen Alpenverein. Heute gehören über 40 Dörfer in fünf Alpenländern dazu – von Slowenien bis in die Schweiz. Ziel ist es, dem alpinen Raum als Lebens-, Natur- und Wirtschaftsraum langfristig eine Perspektive zu bieten, die nicht auf touristischen Überfluss, sondern auf Qualität setzt.

Übersichtskarte der Bergsteugerdörfer in Europa
Die Bergsteigerdörfer in Europa 2025

Eine Aufnahme erfolgt nur unter klar definierten Bedingungen. Wichtig sind eine überschaubare Grösse, ein unverfälschtes Ortsbild, eine lebendige Bergsportkultur sowie eine intakte Natur- und Kulturlandschaft. Darüber hinaus zählen auch lokale Wertschöpfung, ökologische Nachhaltigkeit und eine aktive Mitwirkung der Bevölkerung zu den entscheidenden Kriterien. Nur wer diese Haltung glaubwürdig lebt, wird Teil des Netzwerks.

Die Schweizer Bergsteigerdörfer

Versteckt im hintersten Seitental der Maggia liegt Campo – ein Tessiner Bergdorf wie aus einer anderen Zeit. Auf rund 1300 Metern Meereshöhe reihen sich verstreute Weiler mit Steindächern, Kastanienhainen und Trockenmauern aneinander. Die Umgebung lädt ein zu ausgedehnten Wanderungen – etwa zum Lago di Sfii oder ins Valle di Bosco. Am 21. Juni 2025 wurde das Dorf mit einem Fest offiziell willkommen geheissen, begleitet von Führungen, Musik und Gesprächen.

Am Fuss des Wildhorns, eingebettet in die sanfte Alplandschaft des hinteren Saanenlands, liegt Lauenen auf 1252 Metern. Traditionelle Holzhäuser, der moorreiche Lauenensee und die Nähe zur Geltenhütte SAC prägen das Ortsbild.

Die Wanderwege führen durch Schutzgebiete und hochalpine Zonen bis ins Geltengletschergebiet. Trotz der Nähe zu Gstaad hat sich Lauenen einen stillen, eigenständigen Charakter bewahrt.

Am 1. August 2025, dem Nationalfeiertag der Schweiz, wurde die Zugehörigkeit von Lauenen zum Netzwerk der Bergsteigerdörfer im Rahmen der Bundesfeier gewürdigt.

Die Walsergemeinde St. Antönien liegt auf 1459 Metern in einem Seitental des Prättigaus. Unterhalb der Sulzfluh im Rätikon bietet das Dorf vielfältige Möglichkeiten für Skitouren, Klettereien und Höhenwanderungen. Die Carschinahütte SAC bildet einen zentralen Ausgangspunkt für alpine Unternehmungen. St. Antönien wurde am 12. Juni 2021 mit einer stimmungsvollen Feier als erstes Schweizer Dorf ins Netzwerk aufgenommen.

Ein besonderes Erlebnis rund um St. Antönien ist übrigens auch die Rundtour um die Schijenflue, die ich zusammen mit meiner Partnerin Celina im Frühling 2024 gemacht habe. Ausgangspunkt der Tour ist Partnun, das etwas oberhalb von St. Antönien liegt.

Diese drei Engadiner Dörfer, die gemeinsam ein Bergsteigerdorf bilden, ergänzen sich auf besondere Weise: Lavin (1412 m), Guarda (1653 m) und Ardez (1467 m) beeindrucken mit ihrer einheitlichen Engadiner Bauweise, verwinkelten Gassen und reicher Geschichte.

Als Drehscheibe zwischen dem Inntal und dem Schweizer Nationalpark sind sie perfekte Ausgangspunkte für alpine Touren – etwa zur Seenplatte Macun oder auf den Piz Linard. Am 22. August 2021 wurde der Beitritt mit einer gemeinsamen Feier begangen.

«Wir sind sehr stolz, dass wir dieses erfolgreiche Label in der Schweiz lancieren durften. St. Antönien und die Unterengadiner Dörfer Lavin, Guarda und Ardez leben die Philosophie der Bergsteigerdörfer seit Jahren», sagte Marc Bless, Gesamtprojektleiter des Pilotprojekts Graubünden.

Abgeschieden, geschichtsträchtig und reich an Natur – das Onsernonetal im Tessin zieht sich von Loco (680 m) über Berzona bis nach Spruga auf rund 1100 m. Enge Steinwege, dichte Kastanienwälder und Terrassensiedlungen verleihen dem Tal eine besondere Aura.

Die Höhenwege zur Alpe Salei oder ins Valle di Vergeletto zählen zu den eindrücklichsten Wanderzielen im südlichen Alpenraum. Die Aufnahme 2022 erfolgte ohne Festakt, aber mit viel Zustimmung aus der Bevölkerung.

Ein starkes Zeichen für den Alpenraum

Mit Campo und Lauenen ist die Schweiz nun mit fünf Dorfeinheiten im internationalen Netzwerk vertreten. «Die neuen Bergsteigerdörfer zeigen, dass die Philosophie der Initiative weit über das Pilotprojekt Graubünden hinaus Wirkung entfaltet», so Marc Bless. Der grenzüberschreitende Austausch innerhalb des Netzwerks fördert Ideenvielfalt, Zusammenarbeit und einen zukunftsfähigen Umgang mit der Gebirgswelt.


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