Insgesamt drei Millionen Kubikmeter Fels – das Volumen von 3000 Einfamilienhäusern – stürzten am 23. August 2017 vom 3369 Meter hohen Piz Cengalo ins Val Bondasca, einem Seitental des unteren Bergells im Kanton Graubünden. Die durch den Felssturz ausgelöste Gerölllawine begrub acht Wanderer und Alpinisten unter sich. Eine weitere Million Kubikmeter Gestein ist am Berg noch in Bewegung und könnte ebenfalls abstürzen. Geologen führen den gewaltigen Bergsturz mitunter auf den Klimawandel zurück. Die Katastrophe sei von einer Kombination aus auftauendem Permafrost und dem Druck von Wasser im Gestein ausgelöst worden. Für die Experten steht fest, dass solche Felsstürze in Zukunft vermehrt auftreten werden. «Es ist nicht die Frage, ob ein Ereignis wie dieses passiert. Die Frage ist, wann und wo», sagt Wilfried Haeberli, emeritierter Glaziologe der Universität Zürich.

Situation in den Schweizer Alpen

Permafrost, also ständig gefrorener Boden, kommt vor allem oberhalb von 2400 m ü. M. vor. In der Schweiz betrifft das rund sechs Prozent der Fläche der Alpen. Alle Bodenarten (Fels, Geröll, Moränen etc.) können gefroren sein. Im Sommer erwärmt sich normalerweise nur die oberste Schicht des Bodens, die sogenannte Auftauschicht. Durch die Klimaerwärmung tauen in gewissen Gebieten aber immer häufiger auch tiefere Schichten auf und der Untergrund wird entsprechend instabil. Rund 100 rutschgefährdete Felswände und Hänge werden deshalb im Schweizer Alpenraum rund um die Uhr mit Sensoren überwacht. Die meisten davon stehen in den Gebirgskantonen Wallis, Graubünden und Bern.

Berglandschaft in den Schweizer Alpen mit gezackten scharfen Granitspitzen unter einem bewölkten Himmel
Rund 100 rutschgefährdete Felswände werden im Schweizer Alpenraum überwacht.

Die Schweiz ist vom Klimawandel stark betroffen. Zwei Grad beträgt die Erwärmung seit dem Messbeginn 1864. Sie ist damit doppelt so hoch wie im weltweiten Mittel (0,9 Grad). Bis 2060 könnte die Temperatur in der Schweiz nochmals um ein bis drei Grad steigen.

Gefahrenzone sinkt

Erfahrene Alpinisten wissen, dass man im Gebirge grundsätzlich immer mit gewissen Gefahren rechnen muss. Klar, wer in einen Felssturz wie den am Piz Cengalo gerät, hat keine Überlebenschance. Solch grosse Abbrüche sind derzeit aber zum Glück noch relativ selten. Eine stetige Gefahr sind hingegen Steinschläge. Die kann es immer und überall geben und mit steigenden Temperaturen vermehrt auch in tieferen Lagen. «Wir rechnen damit, dass in Höhenlagen zwischen 2500 Metern – in Nordhängen schon ab 2200 Metern – und 3000 Metern der Klimawandel den grössten Effekt haben wird», erklärt Arthur Sandri, Chef der Sektion Rutschungen, Lawinen und Schutzwald vom Bundesamt für Umwelt (BAFU).

Wie kannst du dich schützen?

Hundertprozentige Sicherheit gibt es in den Bergen nicht. Umso wichtiger ist eine gute Vorbereitung. Die folgenden Tipps helfen euch vor und auf eurer nächsten Tour euch vor Steinschlag zu schützen:

  • Nicht unnötig lange unterhalb von steilen Felswänden, Couloirs und Rinnen aufhalten, insbesondere von solchen, vor denen frisch abgebrochenes Gesteinsmaterial liegt und/oder Baumstämme mit Steinschlagspuren zu sehen sind.
  • Rasch und ohne selber Steine loszutreten durch steinschlaggefährdetes Gebiet gehen.
  • Wenn ihr in Steinschlaggebiet unterwegs seid, konzentriert euch auf das Sehen UND das Hören! Steinschlag hört man oft schon von weitem. Wenn man ihn sieht, wird’s meist schon gefährlich.
  • Allfällige Sperrungen und Wegumleitungen zwingend beachten.
  • Kopf mit Helm oder Rucksack schützen.

Das Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos sammelt zu Forschungszwecken alle Meldungen über Felsstürze in den Schweizer Alpen. Diese können über das Formular des SLF erfasst werden.


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