An Ostern fährt jeweils gefühlt die halbe Deutschschweiz ins Tessin. Entsprechend voll sind Hotspots wie Lugano, Locarno oder Ascona. Aber auch abgelegenere Dörfer wie beispielsweise Lavertezzo mit der bekannten und bei Touristen beliebten alten Römerbrücke Ponte dei Salti sind gut besucht. Es gibt aber dennoch Orte und Wege, auf denen man in dieser Zeit etwas Ruhe und Abgeschiedenheit finden kann, gleichzeitig aber auch nicht auf die Annehmlichkeiten einer Stadt verzichten muss, wie beispielsweise den Kauf von Wanderproviant, ein Gelato auf der Altstadt-Piazza oder einen kühlen Gin in einer Bar am Lago Maggiore.

Die Ausgangspunkte der folgenden drei Wanderungen erreichst du alle sehr gut von Locarno aus.

Camedo – Intragna

Unterwegs auf der Via del Mercato

Bis zum Bau der Fahrstrasse um 1800 war die Via del Mercato im Tessin die einzige Verbindung zwischen dem oberen Centovalli und der Stadt. Der alte Saumweg zwischen Camedo und Intragna ist historisch besonders interessant – nicht zuletzt wegen den vielen verschiedenen Weg-Arten, auf denen man unterwegs ist. Angefangen von klassisch-historischen Saumwegen über Waldwege bis hin zu befestigten Stufen und gut ausgebauten, moderneren Wegen. Zu sehen gibt es zudem wilde Flusslandschaften, Schluchten und Berge, dichte Wälder mit knorrigen Bäumen, Blumenwiesen und alte, verfallene Rustico-Siedlungen.

EIn altes Rustico in der Berglandschaft im Tessin
Wer sich für alte Tessiner Architektur interessiert, kommt auf der Via del Mercato nicht zu kurz.

Ausgangspunkt der Wanderung ist Camedo (549m m), das von Locarno mit der Centovallibahn erreichbar ist. Neben der Kirche geht man zuerst ein Stück die Hauptstrasse hinauf bis Borgnone (708 m, Wegmarkierung auf der Strasse) und von dort weiter nach Lionza (775 m) mit dem sehenswerten und sanft renovierten Palazzo Tondù.

Anschliessend führt der Weg durch den wild-romantischen Gaggio-Wald, dann weiter nach Verdasio (711 m) mit seinen typischen Patrizierhäusern und dann hoch Richtung Slögna und Calezzo (535 m). Dieser alte Weg wurde während des 2. Weltkriegs wieder instand gesetzt und endet in Intragna (376 m), wo sich der höchste Glockenturm des Kantons (65 m) und das Regionalmuseum des Centovalli und Pedemonte befinden.

Alte Steinhäuser im Centovalli im Tessin
Alles dabei: Berge, Wälder und Palmen.

Die gesamte Strecke ist meist gut markiert. Wegen der teils dichten Vegetation findet man die Markierungen (rot-weiss) aber nicht immer gleich auf Anhieb. Zurück nach Locarno fährt man wieder mit der Centovallibahn.

  • Einkehr/Unterkunft: Camedo, Borgnone, Lionza, Verdasio, Calezzo, Intragna
  • Gehzeit: 4 Stunden
  • Länge: 11,8 km
  • Schwierigkeit: T2
  • Auf-/Abstieg: 358 m / 823 m
  • Karte: 1:50’000 Wanderkarte Val Vercasca (Blatt 276 T)
  • Varianten: In Lionza, Verdasio und vor Calezzo gibt es die Möglichkeit, die Bahn nach Intragna/Locarno zu nehmen. Ebenfalls vor Calezzo gibt es eine Verzweigung hinauf nach Costa und Pila, von wo man mit der Schwebebahn nach Intragna hinunterfahren könnte.
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Cimetta – Madone – Mergoscia

Sanfte Hügel und ein knackiger Aufstieg

Ein von Touristen oft besuchter Ort ist der Ausflugsberg Cimetta, auf den ab Locarno auch eine Seil- und eine Sesselbahn fahren. Wandert man von der Bergstation etwas weiter, werden die Menschenmassen weniger und die Landschaft rauer.

Von der Bergstation führt der Weg erst ein kurzes Stück zurück, nach ein paar Metern zweigt er dann scharf rechts ab. Von dort aus gelangt man in knapp einer Stunde auf einem einfachen Weg zum Gipfel der Cima della Trosa auf 1896 m, wo man eine traumhaft schöne Aussicht auf den Lago Maggiore und die umliegenden Berge geniessen kann.

Gipfelkreuz auf der Cima della Trosa
Gipfelkreuz auf der Cima della Trosa.
Bergweg-Markierung auf der Cima della Trosa im Tessin
Abstieg von der Cima della Trosa.

Um von der Cima della Trosa zum noch höher gelegenen Madone zu kommen, muss man erst wieder ein Stück hinunter in eine Senke wandern – entweder über einen etwas anspruchsvolleren, weiss-blau markierten Alpinweg, oder in einem leichten Bogen auf einem leichteren Bergwanderweg – zeitlich macht es keinen grossen Unterschied. Am tiefsten Punkt der Senke beginnt der rund einstündige Aufstieg zum Madone auf 2002 m. Um ganz hinauf zum Gipfelkreuz auf 2051 m zu gelangen, werden auf dem teils ausgesetzten Wegstück die Hände gebraucht.

Eine Frau in Wanderausrüstung auf dem Weg auf den Madone im Tessin
Aufstieg auf den Madone.

Anschliessend folgt man dem Wegweiser bei Punkt 2002 Richtung Alpe Rocca. Der Weg bis zum Endpunkt der Wanderung führt – immer mit grossartiger Aussicht – über Grashänge erst zur Alpe Rocca, später durch Wälder zu den Siedlungen Porchèsg und In Fosséi hinunter nach Mergoscia hoch über dem Lago di Vogorno. Von dort aus fährt man mit dem Bus zurück nach Locarno.

Blick von einem alten Rustico auf die Berge im Tessin
Aussicht auf die Tessiner Berge.
Altes Rustico im Tessin mit Osterglocken im Vordergrund
Frühling im Weiler Mòtt.

Der Weg ist zwar nicht allzu schwierig, er ist aber für einen normalen Bergwanderweg relativ schlecht markiert. Und im Sommer, wenn die Vegetation dichter ist, sind auch die wenigen Markierungen nicht mehr gut zu sehen. Bei Nebel würde ich sogar gänzlich davon abraten, die Wanderung zu machen. Zumindest nicht den Teil vom Madone hinunter nach Mergoscia.

  • Einkehr/Unterkunft: Cimetta, Mergoscia
  • Gehzeit: 4,5 Stunden
  • Länge: 12 km
  • Schwierigkeit: T3/4
  • Auf-/Abstieg: 670 m / 1652 m
  • Karte: 1:50’000 Wanderkarte Val Vercasca (Blatt 276 T)
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Rasa – Intragna

Vom letzten autofreien Dorf im Tessin zum Hauptort der Gemeinde Centovalli

Ausgangspunkt dieser leichten Wanderung ist das Fussgängerdorf Rasa, das man auch nur zu Fuss erreichen kann. Von Locarno aus fährt man dafür erst mit der Centovallibahn bis nach Verdasio (544 m), wo sich die Talstation der Bahn befindet. Danach geht es in ein paar Minuten hoch in das beschauliche Rasa auf 896 m, in dem heute ganzjährig noch etwa 20 Personen wohnen.

Blick auf das Dorf Rasa im Tessin
Rasa – autofrei und nur zu Fuss oder mit der Seilbahn zu erreichen.

Von hier aus führen mehrere Wege nach Intragna: ein relativ kurzer über Corte di Sotto und ein längerer Richtung Val di Termine. Ich empfehle euch den längeren Weg, der in stetigem Auf und Ab fast ausschliesslich durch wild-romatische Laubwälder, vorbei an den Weilern Dórca (990 m), Ögna (750 m) und Carbozzèi (595 m) und zum Schluss auf einer alten Römerbrücke über die Melezza nach Intragna (338 m) führt.

Eine ausgediente rote Seilbahnkabine bei einem Wegweiter in den Bergen im Tessin
Wegweiser in Dórca.
Ein Baum in den Bergen im Tessin
Passagen ohne Wald sind selten.
Ein Wandergwegweiser bei einem alten Rustico im Tessin
Eines der wenigen Gebäude in Carbozzèi.

Der gut markierte Weg ist nicht sonderlich anspruchsvoll und bedarf deshalb auch keiner speziellen Beschreibung. Einzig den Abzweiger nach Termine bei Punkt 997 sollte man nicht verpassen, sonst wird die Wanderung sehr lang und man landet oberhalb von Ascona. Um nach Intragna zu kommen, müsst ihr euch bei der Anzweigung links halten.

  • Einkehr/Unterkunft: Rasa, Intragna
  • Gehzeit: 3,2 Stunden
  • Länge: 9.79 km
  • Schwierigkeit: T2
  • Auf-/Abstieg: 407 m / 945 m
  • Karte: 1:50’000 Wanderkarte Val Vercasca (Blatt 276 T)
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