Barbara Büschlen schafft als erste Frau den Durchstieg der «unmöglichen» Route «Via del Drago» (7c) in der Stockhorn-Nordwand.

Die Route wurde 1997 von Peter Wüthrich eingebohrt und ist seither offiziell nicht wiederholt worden. Die knapp 250 Meter lange Route wird insgesamt mit dem Schwierigkeitsgrad 7c bewertet und ist auf sechs Seillängen verteilt (7b+/6a/6a/7a/7c/6c+). Auf Bergwelt erzählt die 22-jährige Halleneuropameisterin aus Steffisburg über ihren geglückten Durchstieg. 

Bergwelt: Barbara, was hat dich veranlasst diese Route in Angriff zu nehmen? War es, weil sie als unmöglich bezeichnet wird, oder weil sie seit 15 Jahren nicht mehr geklettert wurde?

Barbara Büschlen: Ehrlich gesagt, hatte ich von all dem keine Ahnung. Als «unmöglich» wird die Route ja vor allem von den Medien bezeichnet. Ich sehe die Stockhorn-Nordwand von meinem Zimmer aus und das seit ich geboren wurde. Ich dachte schon immer, da müsse doch neben der klassischen Route noch irgendwie eine coole alpine Sportkletterroute drin sein. Ich habe dann recherchiert und fand dann die Route etwas oberflächlich eingezeichnet in einem Topo. Infos hatte ich leider keine, nur dass sie von Peter Wüthrich ist.

«Ich war sofort begeistert von der Linie und hatte das Gefühl, dass eine freie Begehung realistisch ist.»

Dann ging ich mal schauen und war sofort begeistert von der Linie und hatte auch das Gefühl, dass eine freie Begehung für mich möglich bzw. realistisch wäre. Erst als ich mit Pesche telefonierte, erfuhr ich, dass die Kletterei am Stockhorn völlig in Vergessenheit geraten ist und wahrscheinlich seit ihm keiner mehr die Route geklettert ist.

Bergwelt: Die Route besteht aus sechs Seillängen. Welche war für dich am anspruchsvollsten und warum?

Barbara Büschlen: Die Zweitletzte, die mit 7c bewertet ist. Etwas gemein, das Schwerste fast am Schluss. Aber die Länge, die mich am meisten herausforderte war die erste (7b+). 50 Meter lang, brutal untergrifflastig. Eine richtige Bizeps-Töterin, nix für die Füsse und teils relativ sportlich abgesichert.

«50 Meter lang, brutal untergrifflastig. Eine richtige Bizeps-Töterin.»

Bergwelt: Du hast die Route an einem heissen Sommertag im August geklettert und bist deswegen auch etwas unter Zeitdruck gestanden. Denn ab 15 Uhr knallt die Sonne erbarmungslos auf die Wand. Wie bist du mit diesem «Druck» umgegangen?

Barbara Büschlen: Ja das war das Hitzewochenende im August und da ich an diesem Tag eigentlich keinen Durchstiegsversuch geplant hatte, sondern ein Fotoshooting, musste ich mich dann ziemlich rasch umentscheiden. Aber ich hatte nicht so viel Zeit zum Nachdenken. Ich kletterte einfach und konzentrierte mich auf die Züge. Erst in der Schlüsselseillänge kam ich unter Druck, weil ich dort zwei Anläufe brauchte.

«Ich kletterte einfach und konzentrierte mich auf die Züge.»

Ich wusste, dass an diesem Tag kein dritter Versuch möglich ist. Klar habe ich gehofft und mir war auch etwas bange. Aber ich sagte mir, dass ich mir keinen Kopf machen und einfach mein Bestes geben muss. Wenn es sein soll klappt’s, wenn nicht, dann klappt’s eben nicht.

Bergwelt: In der Schlüssellänge erst abzurutschen und dann noch zu stürzen kann ziemlich auf die Psyche gehen. Gab es einen Moment, wo du an Abbruch gedacht hast?

Barbara Büschlen: Nein, für mich war klar, dass ich es so lange versuche, bis die Sonne kommt. Aber klar war auch der Gedanke da, dass es vielleicht nicht klappen würde – das ist immer 50:50. Aber so schnell gebe ich nicht auf.

Bergwelt: Welche spektakuläre Route steht als nächstes auf deinem Programm? 

Barbara Büschlen: Das ist noch ein Geheimnis, lasst euch überraschen. Ich habe vieles im Kopf, das ich noch klettern möchte. Ich gebe täglich mein Bestes, diese Ziele zu erreichen und ich gebe dann Bescheid, wenn es soweit ist.

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