Aktualisiert am 23. Mai 2021 |
Immer wieder kommt es auf Wanderwegen zu unschönen Begegnungen zwischen Wanderern und Mutterkühen. Leider werden dabei oftmals auch Menschen verletzt oder sogar getötet. Doch wie verhält man sich richtig, wenn man Mutterkühen begegnet?
Für Heinz Feldmann, Sicherheitsfachmann der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft BUL sind die zentralen Fragen in einem solchen Fall, ob ein Hund dabei war und wenn ja, ob er angeleint war oder nicht. Denn: freilaufende Hunde werden von Rindern schneller als Bedrohung wahrgenommen. Insbesondere Mutterkühe und Stiere reagieren auf freilaufende Hunde aggressiv, weil sie ihre Kälber beschützen wollen, bzw. der Stier Wanderer und Hunde als Nebenbuhler sieht. Aber auch Biker, die kurz vor den Wanderern an der Herde vorbeigefahren sind, könnten gemäss Feldmann aggressives Verhalten auslösen.
«Für Kühe sind Lebewesen, die die Augen vorne und nicht seitlich haben, grundsätzlich Raubtiere und Feinde.»
– Christian Manser, Agrarwissenschaftler
«Ob Mensch oder Hund, für Kühe sind Lebewesen, die die Augen vorne und nicht seitlich haben, grundsätzlich Raubtiere und Feinde», sagt Christian Manser, Agrarwissenschaftler und Leiter Fachstelle Rindvieh am Landwirtschaftlichen Zentrum St.Gallen. Stehe das Kalb auf der Weide neben der Mutter, drohe kaum Gefahr. Kritisch werde es, wenn ein Mensch zwischen Kalb und Mutter gerät, so Manser weiter.

Übrigens: Legt eine Kuh die Ohren an heisst das nicht etwa, dass sie böse ist und/oder angreifen wird, sondern, dass sie neugierig ist. Kühe haben einen Blickwinkel von rund 300 Grad. Insbesondere, wenn sie den Kopf nach unten halten. Zudem sehen sie in der Nacht besser als der Mensch.
Das sind die 5 wichtigsten Verhaltenstipps für die Begegnung zwischen Mensch und Rindvieh:
Was tun bei einem Angriff?
Wenn eine Kuh trotz aller Vorsichtsmassnahmen angreift, solltest du wenn möglich die Weide schnellstmöglich verlassen, um den Tieren ihr Hoheitsgebiet wieder zu überlassen. Ist eine rasche Flucht nicht möglich, hilft manchmal auch ein Schlag mit einem Stock auf die Nase der Kuh. Allerdings funktioniert das nicht zwingend und das Tier sollte durch den Schlag natürlich nicht verletzt werden.
Was machen die Verantwortlichen?
Für Tierhalter mit Rindvieh hat die Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL) einen Ratgeber und eine Checkliste erstellt, die ihnen helfen soll, ihrer Sorgfaltspflicht bei der Sicherung der Wanderwege nachzukommen. Dazu gehört unter anderem auch das Aufstellen von Hinweisschildern für Wanderer.
Auch der Dachverband Schweizer Wanderwege hat vor einiger Zeit eine Checkliste erarbeitet, mit der Halter von Mutterkühen das Gefahrenpotential eruieren und die Sicherheit verbessern können. «Wir erwarten, dass die Risikoanalyse konsequent angewendet und die Wanderweg-Verantwortlichen miteinbezogen werden. So kann für jeden Ort die beste Lösung gefunden werden», sagt Pietro Cattaneo, der beim Dachverband für dieses Thema zuständig ist.
Zu diesen Lösungen gehören unter anderem folgende Massnahmen:
- angepasste Beweidungskonzepte
- keine neugeborene und auffällige Tiere auf Weiden mit Wanderwegen
- Auszäunungen und bei Bedarf neue Wegführungen
Allen Landwirten quasi per Diktat vorzuschreiben, wie sie Mutterkuhherden von den Wanderwegen fernhaltenzuhalten haben, erachtet die BUL als unverhältnismässig, wie sie auf Anfrage schreibt. Jede Alp und jede Weide mit Wanderweg müsse einzeln beurteilt werden.
Übrigens: Für den Unterhalt und die Sicherung der Wanderwege auf ihrem Gebiet erhalten die Landwirte in der Schweiz grundsätzlich keine finanzielle Entschädigung. Einzelne Kantone haben aber die Möglichkeit, über sogenannte Landschaftsqualitätsbeiträge Finanzierungen von Abzäunungen zu unterstützen.
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Bonus: So vermeidest du Konflikte mit Herdenschutzhunden
Seit sich Wolf und Bär in der Schweiz wieder ansiedeln, kommt es auch immer wieder zu Begegnungen mit Hüte- oder Hirtenhunden. Insbesondere in Graubünden und im Wallis bin ich schon öfters solchen Hunden mit «ihren» Herden begegnet – meist sind es Schaf- oder Ziegenherden. Das Aufeinandertreffen verlief aber immer friedlich. Wie man sich gegenüber Herdenschutzhunden verhält, zeigt das Video des Vereins Herdenschutz Schweiz.
Auf dem Geoportal des Bundes findes du zudem eine nützliche Übersichtskarte, auf der die Gebiete mit Herdenschutzhunden aufgeführt sind. Hier geht’s zur Karte.